CRTN fragt: Roland Bursy, Personalstratege beim TÜV NORD

In der Interviewreihe „CRTN fragt“ unterhält sich CRTN-CEO Jasper von Hardenberg mit klugen Köpfen aus der Marketing- und Medienwelt über die Markenstrategien der Zukunft, Purpose und Corona. In dieser Ausgabe spricht er mit Roland Bursy, Executive Vice President HR Strategy & Talent Management bei der TÜV NORD GROUP unter anderem über die Candidate Journey der Zukunft, welche Rolle die Employer Value Proposition in diesem Kontext spielt und wie das Unternehmen die Chancen der Digitalisierung in der HR-Strategie nutzt.

 

Ein globaler Arbeitgeber wie TÜV NORD, mit mehr als 50 Tochtergesellschaften weltweit, steht beim „War for Talents“ an vorderster Front. Welche Profile und Talente sind besonders herausfordernd zu akquirieren? 

Es ist wichtig, bei der Akquise von Talenten nicht nur an das Heute, sondern auch an morgen zu denken. Insbesondere für TÜV NORD bedeutet dies, Persönlichkeiten zu gewinnen, die unser Selbstverständnis zukünftig weiterdenken können: Sicherheit und technologische Exzellenz sind unsere Mission. Das verlangt nach Talenten, die Digitalkompetenzen mitbringen, um Technik weiterzudenken und neue Geschäftsmodelle zu generieren. Gleichzeitig den kulturellen Fit zu finden, ist dabei die größte Herausforderung.

Welche Rolle spielt die Employer Brand TÜV NORD in diesem Prozess? Gibt es globale Unterschiede?

Um als starke Employer Brand wahrgenommen zu werden, müssen wir nach außen tragen, was TÜV NORD als Arbeitgebermarke einzigartig macht: Es gilt, die Employer Value Proposition (EVP), unser Werteversprechen an aktuelle und zukünftige Mitarbeitende, intern und extern erlebbar zu machen, global über die verschiedenen Kanäle zu streuen und für Begeisterung zu sorgen. Dabei müssen wir stets beachten, dass TÜV NORD auf unterschiedlichen Kandidaten-Märkten unterschiedlich wahrgenommen wird: Während unsere „Germanness“ grundsätzlich bei vielen Menschen sehr gut ankommt, kann sie anderswo das Gegenteil bewirken – das gilt es in der Kommunikation zu berücksichtigen.

„Es gilt, die Employer Value Proposition intern und extern erlebbar zu machen, global über die verschiedenen Kanäle zu streuen und für Begeisterung zu sorgen.“

Idealtypisch betrachtet – wie sieht für Dich die perfekte Candidate Journey der Zukunft aus?

Wir denken die Candidate Journey vom Markt und nicht von unseren internen Prozessen aus. Konkret bedeutet das, dass wir den Bewerbungsprozess mit all seinen Touchpoints aus der Perspektive der Bewerberin und des Bewerbers betrachten: So ist der Startpunkt jeder individuellen Candidate Journey, dass der Kandidat überhaupt erstmal auf den TÜV aufmerksam wird. Herauszufinden, in welchen Kanälen sie oder er sich bewegt und eine relevante und passgenaue Ansprache zu generieren, legt dafür den Grundstein. Ziel ist, beim Kandidaten den Wunsch zu wecken, dass TÜV NORD der passende Arbeitgeber sein könnte. Die Employer Value Proposition schwingt dabei immer mit. Ist das Interesse geweckt, ermöglichen wir dem Kandidaten oder der Kandidatin einen schnellen, intuitiven und transparenten Bewerbungsprozess. Mit kurzen Rückmeldezeiten und Entscheidungsprozessen sowie einer transparenten Kommunikation des Bewerbungsstatus. Gerade in diesen Zeiten schafft es außerdem Akzeptanz, wenn Bewerbungsgespräche auch virtuell ermöglicht werden.

Stichwort EVP nach innen erlebbar machen – welche Maßnahmen sind bei der Mitarbeiterentwicklung und -bindung am Wichtigsten?

Die Eigeninitiative des Mitarbeitenden und Freiräumen durch das Unternehmen sind hier für mich die beiden Top-Kriterien. Gute Personalentwicklungskonzepte sind für alle Unternehmen die Grundlage für die persönliche Weiterentwicklung ihrer Talente. Danach liegt es in der Hand der Mitarbeitenden selbst, sich proaktiv in Programme einzuschreiben und die eigene Karriere aktiv zu gestalten – auf den Punkt gebracht: ohne Mitarbeitendenentwicklung keine Mitarbeitendenbindung: Aus meiner Sicht korrespondieren diese beiden Themen sehr eng. Die fehlenden Perspektiven sind in der Regel der Hauptgrund dafür, dass Potentialträger irgendwann das Unternehmen dorthin verlassen, wo sie bessere Chancen für sich sehen. Wichtig sind auch Arbeitszeit, Benefits oder Arbeitsort, vor allem aber braucht es Möglichkeiten zur Partizipation bei der Gestaltung des Unternehmens. Bei TÜV NORD als globaler Arbeitgebermarke mit vier aktiven Generationen an Mitarbeitenden haben wir es mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Motivationen zu tun. Um generationsübergreifend ein attraktives Gesamtumfeld zu gestalten, stellen wir neben einer modernen Benefit-Strategie ein sehr breites Portfolio an Maßnahmen und Instrumenten bereit.

„Ohne Mitarbeitendenentwicklung keine Mitarbeitendenbindung.“

Apropos Digitalisierung: In welchen Bereichen der HR schlummern Deiner Meinung nach die größten Effizienz- und Optimierungspotentiale?

In nahezu allen HR-Produkten – von Recruiting, über Talentmanagement, bis hin zur Nachfolgeplanung – halten digitale und automatisierte Lösungen Einzug und bieten vielfältige Effizienzpotentiale, dies gilt insbesondere für Shared-Service und Administration. Insofern ist für uns Big Data ein Aspekt, der die HR-Arbeit perspektivisch auf ein höheres Level bringen wird: Daten im HR-Controlling helfen uns heute, bessere Entscheidungen zu treffen. Digitale Tools spielen bei der internen Kommunikation eine große Rolle. Mit virtuellen Konferenzen bringen wir über Ländergrenzen hinweg Mitarbeitende zusammen. Das macht unsere Personalarbeit schneller, effizienter und internationaler. Als technischer Dienstleister müssen wir unsere Mitarbeitenden nicht von Technik überzeugen – sondern von der Sinnhaftigkeit ihres Einsatzes. Sie muss ihnen etwas bringen.

Corona hat dem Thema New Work einen ordentlichen Anschub gegeben. Inwieweit siehst Du Personalverantwortliche auch in der Rolle als Transformations- und Change-Manager, die Unternehmen auf diesem Weg begleiten?

Personal- und Führungsverantwortung geht heutzutage Hand in Hand mit dem Verständnis für Transformation und Change. Eine Führungskraft muss Change-Prozesse aktiv vorantreiben. Bei TÜV NORD haben wir dieses Selbstverständnis in einem Kompetenz-Modell für Führungskräfte verankert: Leading People, Leading Business, und Leading Change. Das zeigt, welche Verantwortung wir als Führungskraft haben und wofür wir einen Blick haben müssen: Wie verändert sich unser Business? Wie müssen sich unsere internen Prozesse anpassen? Wie muss sich das Kompetenz-Set meiner Mitarbeitenden verändern? Und wie muss ich als Führungskraft darauf reagieren und Mitarbeitenden führen? Transformations- und Change-Management ist eine essentielle Thematik für alle Führungskräfte im Unternehmen, um diese Fragen beantworten zu können.

Vielen Dank für das Gespräch, Roland!

 

Copyright Portrait: Roland Bursy

 

Über CRTN:

CRTN (https://crtn.io/; lies: certain) ist eine strategische Marken- und Kommunikationsberatung, die besonderen Wert auf die datenbasierte Verknüpfung der Bereiche Brand und Performance legt. Zu den Kunden von CRTN zählen die AOK, die Volkswagen Group oder das Startup Nolte Bier. CRTN ist inhabergeführt und wurde 2018 in Berlin von Jasper von Hardenberg, Andrew Santos und Paul Ledder gegründet.