In der Interviewreihe „CRTN fragt“ unterhält sich CRTN-CEO Jasper von Hardenberg mit klugen Köpfen aus der Marketing- und Medienwelt über die Markenstrategien der Zukunft, Daten und Corona. In dieser Ausgabe spricht er mit OMR-Gründer Philipp Westermeyer darüber, wie er sein Team nach dem Ausfall des OMR-Festivals für neue Ziele motivieren konnte – und wie datengetrieben die Redaktion und das Marketing-Team eigentlich arbeiten.
Philipp, die OMR-Konferenz musste dieses Jahr aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden. Wie hast Du unternehmerisch darauf reagiert? Und vor allem: Wie hast Du es geschafft, Dein Team so schnell für neue Ziele zu motivieren?
Die Absage des Festivals kam ja in unserem Fall fast drei Monate vor dem Termin, daher hatten wir einen passablen zeitlichen Puffer. Die Absage selber hat jede*r Kolleg*in hier sofort verstanden, es war einfach das, was jede*r mit einem gesunden Menschenverstand getan hätte. Entsprechend haben alle Mitarbeiter*innen die Entscheidung unterstützt, sodass wir sie niemandem wirklich erklären mussten. Wir haben offen kommuniziert, dass wir den dann folgenden Weg gemeinsam gehen möchten und versuchen werden, jeden Job im Unternehmen zu erhalten, was bei sehr vielen Kolleg*innen eine enorme Motivation freigesetzt hat, glaube ich. Was noch dazukommt: Wir haben das Glück, viele junge Mitarbeiter*innen zu haben, die digitale Kommunikation nicht erst lernen müssen. Die Leute packen ihren Rechner ein, gehen nach Hause und das war’s. Home Office zum Beispiel war dann keine größere Herausforderung und funktioniert bis heute sehr gut.
Die Marke OMR ist längst mehr als nur das Festival. Inwieweit habt Ihr auf Euren bestehenden Content-Angeboten, etwa den Newslettern und den Podcasts, einen Reichweiten-Boost seit Beginn der Pandemie beobachtet?
In der Coronakrise ist die Nachfrage nach Inhalten, egal welcher Art, enorm gestiegen. Das haben wir auch bei unseren eigenen Angeboten beobachtet, sowohl bei den Aufrufen der Artikel auf unserer Website als auch bei den Podcastfolgen. Das Contentgeschäft, das wir schon seit Jahren rund um das Festival aufgebaut haben, hat uns in der Krise tatsächlich sehr geholfen. Viele Werbekund*innen haben auch in diesen schwierigen Zeiten weiter kommuniziert und Anzeigen bei uns gebucht, so konnten wir mit unseren Kunden gemeinsam von der gestiegenen Reichweite profitieren.
Was mich als Content-Marketing-Stratege interessiert: Wie identifiziert und priorisiert Ihr relevante Themen in Euren Content-Angeboten? Arbeitet Ihr mit Data-Tools, also Keyword-Analysen, Social Listening oder sogar Marktforschung?
Die Redaktion arbeitet auch mit solchen Tools, ja. Aber: Eine B2B-Medienmarke wie unsere lebt sehr stark von den Menschen und ihren Beziehungen. Unsere Redakteur*innen sind Teil und Fans der Marketingbranche – genauso wie die Redakteur*innen von Musikzeitschriften Musikfans sind oder Redakteur*innen von Sportzeitschriften Sportfans. Die eine ist begeistert von einer Influencer*in auf Instagram und versucht sie auf die OMR-Festivalbühne zu bekommen, die andere hat einen spannenden Podcast-Talk gehört und versucht diesen Gesprächsgast für den OMR-Podcast zu gewinnen.
Wahrscheinlich war das beim Hamburger Fernsehturm, mit dessen Betreiber Ihr jüngst eine Kooperation eingegangen seid , genauso. Wo kam da der Impuls her?
Stimmt, hier haben auch Beziehungen eine Rolle gespielt. Ich habe seit Jahren verfolgt, was rund um den Hamburger Fernsehturm passiert, das Thema aber nie als relevant für OMR erachtet. Irgendwann hat mich der Chef der Hamburger Messe, mit dem wir jedes Jahr das Festival veranstalten, auf den Fernsehturm angesprochen und mich nach Ideen gefragt, wie man ihn wieder attraktiver für Besucher*innen machen könnte. Diese Möglichkeit, die mehr oder weniger an uns herangetragen wurde, haben wir dann ergriffen.
Viele schauen auf die Marketingbranche und sehen nach wie vor zwei Welten: Die eine Welt glaubt an die große Kampagne und feiert sich beim ADC und in Cannes. Die andere ist Daten- und Performance-orientiert und trifft sich seit vielen Jahren auf der OMR oder der Dmexco. Die Welten werden zwar immer durchlässiger, aber so ganz verschmolzen sind sie noch nicht. Was muss Deiner Meinung nach passieren, damit diese Welten ernsthaft zusammenwachsen?
Das hängt mit den Leuten zusammen, die in diesen Welten leben. Es gab über Jahre hinweg fast keine Berührungspunkte, das stimmt. Kreative haben ihren Job für den TV-Spot gemacht, die Performance-Expert*innen waren für Facebook und Google zuständig. Das wächst nun immer häufiger zusammen – und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Welten komplett verschmolzen sind. Ich bemerke das auch bei uns: OMR kommt bekanntlich aus dem Performance-Bereich, mittlerweile haben wir aber extrem viele inhaltliche Schnittstellen mit dem ADC. Die Events sollten dieses Jahr eigentlich direkt hintereinander stattfinden und sogar ein gemeinsames Ticket anbieten. Das ist jetzt erst einmal auf nächstes Jahr verschoben. Aber man merkt: Die Menschen, die in diesen Branchen leben, rutschen immer näher zusammen.
Wie sieht das bei Eurem eigenen Marketing aus? Was ist bei Eurer Entscheidungsfindung wichtiger: der Blick auf die Data-Tools und die Performance oder der Blick auf die Marke und die Idee?
Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir die Schuster mit den schlechtesten Schuhen sind. Heißt: Man sollte meinen, dass wir aufgrund unseres OMR-Backgrounds bei allen Projekten sehr stark auf Performance achten. Viele Dinge, die wir machen, sind aber eher Branding-getrieben. Mein Lieblingsbeispiel ist Instagram: Natürlich könnte ich dort viele kluge Motivationssprüche posten, die bekommen auf Instagram in der Regel extrem hohe Interaktionsraten. Das Problem ist aber, dass dieser Content nicht wirklich zu mir und OMR passt. Wir müssen also immer die richtige Balance finden zwischen Data und Brand. Am Ende entscheidet aber immer die Marke, welche Maßnahmen konkret vollzogen werden.
Die Marke OMR ist sehr stark mit deiner Personal Brand verbunden. Welche Rolle spielst Du nun bei den digitalen Masterclasses, die am Mittwoch und Donnerstag stattfinden?
Klar, mittlerweile kann man nicht mehr so richtig abstreiten, dass ich mit dem Thema Personal Brand irgendwie auch persönlich zu tun habe. Und nachdem das Festival abgesagt werden musste, habe ich mich beispielsweise dazu entschlossen, noch stärker auf LinkedIn und Instagram aktiv zu sein – auch weil ich weiß, dass sich Medienmarken oftmals sehr gut über Personal Brands aufbauen lassen. Auf dem höchsten Niveau sind der Spiegel mit Augstein und der Stern mit Nannen sehr gute Beispiele dafür. Bei den Masterclasses werde ich deshalb auch versuchen präsent zu sein, allerdings nicht durch eine Masterclass selbst, sondern durch eine Keynote-Präsentation in der Mittagspause des ersten Tages. In der Mittagspause des zweiten Tages wird es zu dieser „State of the German“-Internet Keynote außerdem eine Q&A-Session geben.
Vielen Dank für das Gespräch, Philipp!
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Über CRTN:
CRTN (https://crtn.io/; lies: certain) ist eine strategische Marken- und Kommunikationsberatung, die besonderen Wert auf die datenbasierte Verknüpfung der Bereiche Brand und Performance legt. Zu den Kunden von CRTN zählen die AOK, die Volkswagen Group oder das Startup Nolte Bier. CRTN ist inhabergeführt und wurde 2018 in Berlin von Jasper von Hardenberg, Andrew Santos und Paul Ledder gegründet.