CRTN fragt: Frauke van Bevern, Berliner Volksbank

In der Interviewreihe „CRTN fragt“ unterhält sich CRTN-CEO Jasper von Hardenberg mit klugen Köpfen aus der Marketing- und Medienwelt über die Markenstrategien der Zukunft, Purpose und Corona. Zum Start ist Frauke van Bevern, Bereichsleiterin Marke und Kommunikation von der Berliner Volksbank, mit dabei. Sie erzählt, wie sich die interne und externe Kommunikation der Genossenschaftsbank durch die Pandemie verändert hat.

 

Frauke, das vermeintliche Lieblingsthema der Markenstrategen —Purpose — wird in der Corona-Pandemie von vielen Unternehmen mit Inhalt gefüllt. Siehst Du für Deine Marke ähnliche Chancen oder denkst Du, Kommunikation in der Krise muss anders funktionieren?

Der Begriff Purpose wird in der Branche oft als Synonym für Haltung verwendet. Das ist meiner Ansicht nach nicht ganz richtig. Für mich steht Purpose eher für den Sinn beziehungsweise die Seele eines Unternehmens — es geht also deutlich tiefer. Entweder, eine Marke kann ihr Leistungsportfolio mit ihrer Seele vernetzen, also mit dem, was viele als Purpose bezeichnen, oder es funktioniert schlichtweg nicht. Beispiel: Wenn mir eine Nussnougatcreme nicht schmeckt, aber viel Gutes tut, kaufe ich sie trotzdem nicht. Eine Marke muss vor allem wegen des eigentlichen Produktnutzens für mich ebenso praktikabel wie begehrenswert sein. Die Marke als Seelenfänger allein funktioniert aber nicht. Der Sinn sollte das Produkt eines Unternehmens nicht ablösen sondern ergänzen.

 

Welche Folgen hat die Krise konkret für Eure Kommunikation?

Wir bei der Berliner Volksbank haben beispielsweise sehr schnell entschieden, unsere aktuelle Image-Kommunikation auf Eis zu legen. Aus unterschiedlichen Gründen, aber besonders weil wir unsicher waren und mehr Fragen als Antworten hatten. Ist das die richtige Zeit, mit “schönen” Motiven in einer heilen Welt zu werben? Ist es richtig, mit unseren Firmenkunden als Testimonials zu werben, wenn diese doch gerade ganz andere Sorgen haben? Nicht falsch verstehen: Image-Kommunikation ist wichtig, keine Frage; aber eines war für uns sonnenklar: Es ging darum, Vertrauen in die Bank zu stärken, unmittelbare und aktive Hilfestellung anzubieten, Sicherheit zu geben und konkrete Leistungen an unsere Kunden zu vermitteln. Kommunikation in der Krise heißt für uns, relevante Botschaften und Kommunikation als Service oder Produkt zu verstehen, nicht die Krise als Trittbrettfahrer auszunutzen.

Kommunikation in der Krise heißt für uns, relevante Botschaften und Kommunikation als Service oder Produkt zu verstehen, nicht die Krise als Trittbrettfahrer auszunutzen.

 

Man könnte fast sagen, dass die Krise Euch dazu geführt hat, Eurem Purpose in der Kommunikation noch einen Schritt näher zu kommen. Nämlich das, was ihr tagtäglich im Filialgeschäft macht, auf die Kommunikation zu übertragen. 

Absolut. Für uns als Genossenschaftsbank geht es im Kern darum, für unsere Kunden da zu sein. Wir sind eine regionale Bank und regional verwurzelt. Das bedeutet, Verantwortung für die Menschen und unsere Kunden in der Region zu übernehmen. Genau die stehen jetzt an erster Stelle. Und genau dieser Rolle gilt es jetzt gerecht zu werden. Wenn wir das in der Kommunikation und in der tatsächlichen Leistungswahrnehmung jetzt nicht auf die Straße bekämen, dann müssten wir dringend darüber nachdenken, wofür wir stehen und was eigentlich unsere Markenwerte sind. Aber glücklicherweise bekommen wir das gerade sehr gut hin (lacht). Auch viele unserer Kunden geben uns überzeugendes Feedback.

 

Was habt ihr in den Wochen des Shutdowns ganz konkret für Euch gelernt? Welche Erfahrungen habt ihr vor allem in der internen Kommunikation gesammelt? 

Für mich muss die interne Kommunikation immer vor der externen kommen. Und wenn die externe schnell sein muss, dann muss die interne eben noch schneller sein. Unser Job war und ist es, den Kollegen mehrfach täglich Orientierung und Antworten zu geben. Bei der Berliner Volksbank sind wir der Überzeugung, alles tun zu müssen, um auf die Solidarität und das Vertrauen unserer Kunden bauen zu können. Für uns ist das die Grundlage des Miteinanders in der Bank. Mit Empathie und Wertschätzung, aber auch mit Symbolen. Ich persönlich mag Symbolträchtigkeit, denn sie setzt Zeichen und motiviert, weshalb wir gemeinsam mit HOLY GOLDY Solidaritäts-Armbänder mit den Worten “Gemeinsam stark” produziert und unter den Mitarbeitern verteilt haben. Das ist ein schönes Gemeinschafts-Symbol, für das es auch viel positives Feedback von den Kolleginnen und Kollegen gab.

 

Glaubst Du, dass die Kunde-Bank-Beziehung aufgrund der Corona-Krise künftig deutlich digitaler aussehen wird? Oder stärkt die Krise sogar die persönlichen Beziehungen und verlagert diese nur in andere Kanäle?

Das kann man pauschal nicht beantworten. Sicherlich sind viele Kunden durch Corona digitaler geworden. Alleine deshalb, um die Kontakte so weit wie möglich einzuschränken. In der telefonischen Beratung haben wir beispielsweise die Mitarbeiteranzahl im Zuge der Pandemie fast verdoppelt und die Kollegen waren unter Volllast. Allerdings nicht wegen des Beratungsbedarfs, sondern weil die Kunden ganz konkrete Hilfe benötigten. Auf der anderen Seite erfahren unsere Webinare gerade einen großen Zulauf – etwa zu Themen wie Kurzarbeit, Steuerfragen und mentale Stärke. Als Referenten beauftragen wir unsere Kunden. Die Kunde-Bank-Beziehung ist dadurch deutlich intensiver und persönlicher geworden.

 

Wenn Du sagt, dass die Berliner Volksbank aktuell mehr Leistungs- statt Image-Kommunikation betreibt, wie hat sich dann der Mix in der Kampagnenaussteuerung verändert?

So gut wie gar nicht. Wir machen per se kein TV, weil wir eine regionale Bank sind. Nationale TV-Werbung macht unser Bundesverband. Out-of-Home hatten wir zwar in den vergangenen Monaten bespielt, aber bereits vor Ausbruch der Pandemie beschlossen, nicht fortzuführen. Werblich betrachtet sind wir derzeit also Online unterwegs, beispielsweise mit E-Mail-Marketing, und fahren damit sehr gut. Außerdem haben wir noch unser Print-Businessmagazin, dessen zweite Ausgabe wir nicht wegen der Coronakrise, sondern gerade wegen dieser für Unternehmer so herausfordernden Zeit publizieren. Wir sind als Bank der Zukunft verpflichtet, wollen ein Zeichen für Kontinuität setzen und Geschichten erzählen, die Mut machen.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Frauke!

 

Copyright Portrait: Lisa Hantke, 2020

Über CRTN:

CRTN (https://crtn.io/; lies: certain) ist eine strategische Marken- und Kommunikationsberatung, die besonderen Wert auf die datenbasierte Verknüpfung der Bereiche Brand und Performance legt. Zu den Kunden von CRTN zählen die AOK, die Volkswagen Group oder das Startup Nolte Bier. CRTN ist inhabergeführt und wurde 2018 in Berlin von Jasper von Hardenberg, Andrew Santos und Paul Ledder gegründet.